new filmkritik


Mittwoch, März 30, 2005


Préparez votre...
Préparez votre pâte
Dans une jatte...
Dans une jatte plate.

Et sans plus de discours
Allumez votre...
Allumez votre four.

Prenez de la...
Prenez de la farine
Versez dans la...
Versez dans la terrine

Quatre mains bien pesées
Autour d'un puit creu...
Autour d'un puit creusé.

Choisissez quatre...
Choisissez quatre oeufs frais
Qu'ils soient du ma...
Qu'ils soient du matin frais.

Car à plus de vingt jours
Un poussin sort tou...
Un poussin sort toujours.

Un bol entier...
Un bol entier de lait.
Bien crémeux s'il...
Bien crémeux s'il vous plaît.

De sucre parsemez
Et vous amalga...
Et vous amalgamez.

Une main de...
Une main de beurre fin
Un souffle de...
Un souffle de levain.

Une larme de miel
Et un soupçon de...
Et un soupçon de sel.

Il est temps à...
Il est temps à présent,
Tandis que vous...
Tandis que vous brassez,

De glisser un présent
Pour votre fian...
Pour votre fiancé.

Un souhait d'a...
Un souhait d'amour s'impose
Tandis que la...
Que la pâte repose.

Lissez le plat de beurre
Et laissez cuire une...
Et laissez cuire une heure.



Fernseh-Hinweis:

Peau d'âne
Regie: Jacques Demy
F 1970/2003

Donnerstag, 31. März 2005, 20:45 Uhr, ARTE:
[Wiederholungen: 03.04., 00:35 Uhr, 04.04., 15:10 Uhr, 11.04., 23:40 Uhr]




Sonntag, März 27, 2005
Demokratie der einfachen Herzen

Der lesenswerte amerikanische Kritiker und Essayist Dave Hickey (Air Guitar) fiel mir ein, als wir neulich ASPEN sahen. Frederick Wiseman filmt in dem Nobelskiort in Colorado eine Gruppe diskutierender, weißer, bürgerlicher Amerikaner, Männer und Frauen. Sie sind der materiellen Sorgen enthoben, kann man annehmen. Sie tragen Skipullover und groteske Brillen. Sie haben Zeit, sich mit einem Text von Flaubert zu beschäftigen, dessen Titel nicht ausdrücklich genannt wird - es handelt sich um UN COEUR SIMPLE. Sie fragen sich, was diese Erzählung von einer Bediensteten, die immer für andere da ist und einem Papagei namens LOULOU das Gegrüßet seist du Maria beibringt, für sie bedeuten könnte. Aber ihre Fragen bleiben akademisch, lesezirkelnd, unbeteiligt. Könnte Félicité, so der Name der Frau, auch ein Mann sein - ist also ihr Geschlecht nicht bestimmend für sie? Woran könnte man das ermessen, fragt ein Mann - man müßte wissen, was "a generic woman" ist. Da müssen alle lachen. Sie fragen sich vor allem, ob Félicité auf eine bescheidene Weise glücklich ist - glücklich vielleicht wie ein Wurm, "that is stepped upon over and over again and dies lonely in bed" - Lachen in der Gruppe, großes Lachen im Kino. Selten hat man im Kino die intellektuelle Armut einer bestimmten beflissenen, aber traditionslosen amerikanischen Klasse klarer gesehen. Hickey, für den UN COEUR SIMPLE eine kleine Offenbarung war, schreibt: "What Flaubert proposes (...) is just democracy: a society of the imperfect and incomplete, whose citizens routinely discuss, disdain, hire, vote for, and invest in a wide variety of parrots to represent their desires in various fields of discourse." Für die Bürger von Aspen ist der Text der Papagei - sie bringen ihn nicht zum Sprechen, sondern zum Schweigen. Erst Wiseman macht daraus eine Demokratie.

Marxelinho




Samstag, März 26, 2005
Repräsentationsprobleme, extreme cases

One theater in America was showing a film with a scene of a man dying of TB, in which his wife kisses the dying man. At this point the manager asked the drummer to imitate the sound of the kiss. The drummer wrote to a trade paper to complain: "Of course the people laughed - they always laughed when a kiss is imitated - and I think it spoiled the picture, because the scene was a sad one." Sounds for kissing scenes became quite an issue. Apparently some effects men would imitate the kissing sounds by whacking the top of a barrel with a board, while in some theaters the rowdier element would imitate the effect themselves with a chorus of lip-smacks. Young Fullilove was allowed to do much the same: "I would also kiss the back of my hand to represent screen kisses, and in extreme cases pull a cork from an empty bottle!".

(Stephen Bottomore: "The Story of Percy Peashaker: Debates about Sound Effects in the Early Cinema"; in: Abel/Altman (Hg.): The Sounds of Early Cinema. Bloomington, 2001).




Freitag, März 18, 2005
Twentynine Palms

Katja und David, bevor sie zum Supermarkt gelangen, durch die leergeräumte Straße gehend und Bachmusik von irgendwoher, der linken Straßenseite, aus einem Geschäft?, zu hören ist. Aber der Raumeffekt stimmt irgendwarum trotzdem nicht. Als sie auf die andere Straßenseite wechseln ist die Musik erst wie von weit her, dann aber wieder nah zu hören, ohne dass der Aufnahmestandpunkt merklich wechselt. Mich erinnerte dieses irritierende Quellenmusikverfahren an eine Erzählung über "Model Shop" von Jacques Demy, einen Film, den ich nie gesehen habe, in dem genau sowas zur überraschenden Konjunktion von Orten und Figuren genutzt sei. Es gibt zwei Arten von Totalen in "Twentynine Palms": subjektive, point-of-view, mit der Handkamera aufgenommene und welche vom Stativ. Einmal gibt es noch eine andere Totale, beim ersten Trip in die Wüste, bei den Windrädern an der Eisenbahnlinie. Als der Zug dann vorbeifährt wackelt die Kamera ganz schön, aber subjektiv ist der Blick nicht, weil Katja und David im Bild stehen. Wahrscheinlich knallt der Wind da sehr gegen die Apparatur und Dumont hat das Bild dringelassen um ein Ende seiner Exposition zu markieren. Wie der nordfranzösische Wind in Dumonts "L'Humanité" auf dem Acker gegen das Mikrofon knallt hat mir besser gefallen als der kalifornische Wind in "Twentynine Palms", weil jener elementare mit existentialen Konstellationen koppelt, dieser scheinbar nur ein "Existential" (SR) ausstellt. Schon gestern, beim Gucken und Besprechen von "Twentynine Palms", fielen mir immer nur noch mehr Erinnerungen an ästhetische Indizes anderer Filme ein, die sich aber nicht verbanden zu einem trennscharfen Geflecht, "Twentynine Palms" zu charakterisieren. Vorläufig einigten sich die meisten von uns auf "Kunst". Noch sehr unklar ist mir, ob das am Reichtum oder der Armut des Films liegt.




Bruno Dumont: Twentynine Palms

"Twentynine Palms" macht mich auch beim zweiten Mal ratlos, aber ich neige dazu, das als Qualität zu sehen. Verfremdende Aneignung der Wüste - eine Seelenlandschaft, die ich allerdings schon im eigenen Dorf, das sich Dumont bisher als Schauplatz gewählt hatte, nicht wirklich verstanden habe. Postkatholische Verhängnisse, an denen die Figuren in aggressiver Weise leiden. Ein Gott, der sein Verschwundensein heillos fühlbar macht. Mitleid, so viel ist klar, ist nicht angebracht. Aber ist die Komik, die es hier in Spurenelementen gibt, dann zynisch? Welche Position hat der Film zu dem, was er zeigt? Vielleicht ist das die Frage, die entscheidend unbeantwortbar bleibt.




Twentynine Palms

David und Katia laufen durch 29 Palms, was ein ausgedachter und kein gefundener Ort ist. Noch nicht metaphorisch, nicht mehr materialistisch, wenn dieser Zeichen-Ding-Gegensatz überhaupt Sinn macht. Jedenfalls spricht der Film nicht wirklich allegorisch. Zu hören ist eine Bach-Suite, die als diegetische inszeniert wird und akusmatisch ausströmt. Der vorgestellte Shopping-Mall-Lautsprecher, der diese schöne Musik in Dumonts Jerry-Springer-Amerika scheppert, bleibt im Hors-Champ. Postkatholisch, meint E.; Alice in den Städten-Syndrom, meint S. Duisburg hat dennoch andere Probleme und Rüdiger Vogler würde auch nicht im Cape-Fear-Kostüm aus dem Badezimmer hechten. Odd Film, Old Film, Art Film? Die Untertitel legen sich auf letzteres fest.




Twentynine Palms

Katia spricht Englisch mit russischem Akzent.
David spricht Französisch mit amerikanischem Akzent.
Der klotzige, vierradangetriebene Humvee spielt amerikanische Bluegrass-Musik mit japanischen Texten.
Die Wüste um den Militärstützpunkt Twentynine Palms schweigt; sie lässt den Sex und die Gewalt sprechen.

Eine Zweiergeschichte mit vier Protagonisten, von denen die Hälfte überlebt.
In der letzten Einstellung liegt David, von weit oben gefilmt, mit zerschlagenem Gesicht im Wüstenboden; die Tür des Wagens steht offen, als hätte der ihn ausgespuckt.
Man kann nachlesen, David sei ein Fotograf, der nach Locations für ein Shooting sucht. Im Film habe ich das Suchende in keinem seiner Blicke finden können.

Twentynine Palms
USA/F 2003
Regie: Bruno Dumont




Donnerstag, März 17, 2005
High School

Die existenzialistische Philosophie gerinnt zur Vokabel des modernen Spanischunterrichts. Ausschnitte von Gesichtern, an deren Lippen apathische Blicke hängen. Eine junge Lehrerin steht mit verklärtem Blick neben der Klasse, während ein riesiges Tonbandgerät den Raum mit Simon & Garfunkel beschallt. Film als Zeitgeist - einschließlich seiner Widersprüche. Die Mondlandung nachgestellt in 190 Stunden, Vietnam und der neue Amerikaner, der Rassentrennung verurteilt. Im Kunstunterricht ein adolenszenter Frontalangriff auf das (Schul-) System. Schule als Miniaturstaat, dessen Details in Großaufnahme ausgestellt sind: Der drohende Zeigefinger des Gynäkologen beim Sexualkundeunterricht, nestelnde Mutterhände im Sprechzimmer. Der Brief eines Schülers aus Vietnam erfüllt die Lehrerin mit Stolz.

High School
USA 1968
Regie: Frederick Wiseman

(Stefanie Schlüter)




Mittwoch, März 16, 2005
hinweis

kolik.film > 8 x 100 Worte zu "The Royal Tenenbaums" (USA 2001, Regie: Wes Anderson)




Dienstag, März 15, 2005
Langtext-Hinweis



Jetzt auf "New Filmkritik für lange Texte": Thom Andersen - Los Angeles Plays Itself. Der Text aus dem gleichnamigen Film. Dank an Thom Andersen.




Montag, März 14, 2005
Veranstaltungshinweis

Morgen, Dienstag 15.3.05, um 19.00 Uhr beginnt im Berliner Arsenal die Reihe "Topographie im Blick. Filmische Konstruktion von Orten". Nils Plath und Volker Pantenburg haben Filme, Videos und Installationen von James Benning, Hartmut Bitomsky, Heinz Emigholz, Christoph Girardet, Jean-Luc Godard, Gerd Kroske, Babette Mangolte, Matthias Müller und Constanze Ruhm zusammengestellt, deren Aufmerksamkeit sich filmischen Räumen widmet, die im Kino meist vorausgesetzt und selten zum Subjekt der Erzählung werden.

Als erstes wird Thom Andersens fast dreistündige Montage "Los Angeles Plays Itself" gezeigt, eine "city symphony in reverse", die Theorie, Erzählung und Analyse zugleich ist. Wir freuen uns sehr, dass Thom Andersen uns den Text, der im Film von Encke King gesprochen wird, für unsere Langtextseite zur Verfügung gestellt hat; in den nächsten Tagen werden wir ihn da posten.

Links zu einigen lesenswerten Texten, die über oder im Anschluss an "Los Angeles Plays Itself" erschienen sind:

Thom Andersen - Collateral Damage: Los Angeles Continues Playing Itself [Eine Fortsetzung der Überlegungen aus "Los Angeles Plays Itself" anlässlich Michael Manns "Collateral"]

Jonathan Rosenbaum - LA Existential [Rosenbaums Besprechung im Chicago Reader]

Bringing It Back - An Interview with Thom Andersen [Ein ausführliches Gespräch, das Andrew Tracy für die Zeitschrift "reverse shot" mit Andersen über seinen Film geführt hat]




Dienstag, März 08, 2005
Langtext-Hinweis

Abdellatif Kechiches zweiter Spielfilm "L'Esquive", der am Donnerstag ins Kino kommmt, war eine der Entdeckungen der Berlinale 2004. In Frankreich ist der Film im Kino überraschend erfolgreich gelaufen, letzte Woche hat er als Außenseiter gleich vier Césars gewonnen und sich gegen die Favoriten "Mathilde - Eine große Liebe" (Jean-Pierre Jeunet) und "Die Kinder des Monsieur Mathieu" (Christophe Barratier) durchgesetzt - neben der Auszeichnung als "Bester Film" gewann er auch in den Kategorien Regie und Drehbuch, Sara Forestier bekam den Preis als beste Nachwuchsdarstellerin.

Auf unserer Langtextseite ist ein Gespräch zu lesen, das Stefanie Schlüter, Ekkehard Knörer, Volker Pantenburg, Stefan Pethke und Simon Rothöhler über Kechiches Film geführt haben. Eine kürzere Fassung des Texts erscheint morgen in der Jungle World.




Montag, März 07, 2005
Film-Hinweis

Alle zwei Wochen zeigt der "Ciné-Club Mardi" Dienstags in der Französischen Botschaft am Brandenburger Tor "abwechselnd neue Filme, die in Deutschland nicht herausgebracht wurden, und große Klassiker des französischen Films" - allerdings, wie ich auf Nachfrage herausgefunden habe, als DVD-Projektionen.

Morgen läuft dort "La Sentinelle" (F 1991) von Arnaud Desplechin, dessen "Rois et Reine" mich vor ein paar Wochen einigermassen sprachlos hinterlies. Eintritt 4 Euro, ermäßigt 3.

Nachtrag, nicht unwichtig: "Alle Filme sind in OF ohne Untertitel. Englische Untertitel in Ausnahmefälle (siehe Tabelle)."




Sonntag, März 06, 2005
Assault on Precinct 13

Präzise zeitliche Bestimmtheit und doch keine Gebrauchsspuren, sagt M. Es ist, als weigerte sich die zu Zeichen geronnene Wirklichkeit (1976, LA, Gangs, Rasse, Geschlecht), hier wirklich ins Bild zu finden. Ein wenig wie eine Fotografie von Thomas Demand: Alles aus Pappe nachgebaut, sieht auf dem Bild aber täuschend echt aus. Was Carpenter nachbaut (aus Pappe?) sind Genre-Versatzstücke, die hier im Zusammenbau ihr altes Datum verlieren, ihren Kontext, ihren Ort, ohne doch eine neue Verbindung mit ihrem Datum, ihrem Kontext, ihrem Ort einzugehen. Das Künstliche affiziert das Reale, aber nur in Form einer Entleerung. Sieg des Silencers über die Materialität.




Samstag, März 05, 2005
Assault on Precinct 13

Anfang der Neunziger hatte eine Freundin zu einer "Trümmerparty" eingeladen. Ihre Familie, die einzig verbliebenen Mieter, zog aus dem Haus aus, das abgerissen werden sollte. Türen wurden rausgerissen, ein Kreissägeblatt fand eine hohl klingende Wand, schnell war ein übertapezierter Durchgang freigelegt. Ich erinnere mich vor allem an den Lärm, den die Zerstörung verursachte. Wenn Carpenters verwaistes Polizeirevier belagert und mit Schalldämpfern beschossen wird, stehen die Unsichtbarkeit der Angreifer und die Lautlosigkeit des Tötens im Vordergrund. Sie schleichen wie Indianer, sie werden schweigend erschossen wie Zombies, dazu Carpenters Elektronik-Herzschlag. Das Remake wird zu dieser konzentrierten Stille sicher nicht den Mut haben.

Assault on Precinct 13
USA 1976
Regie: John Carpenter